Der außergewöhnliche Totenkult von Tana Toraja

Sulawesi Tana Toraja Schädel Knochen

Im Hochland der Insel Sulawesi ist das Volk der Toraja zuhause, deren Leben hat sich seit Jahrhunderten kaum geändert. Ihr Alltag ist geprägt vom Glauben an Mythen und Geister und vor allem aber von den Ritualen des Todes.

Nicht nur der allgegenwärtige Totenkult macht diese Gegend so spannend, sondern auch die Landschaft und die verrückte Architektur der traditionellen Häuser.

Die Häuser der Toraja

Tongkonan werden sie genannt, die Ahnenhäuser der Toraja, und sie sind überwältigend schön. Traditionell hatten wohl nur Adlige das Recht, in diesen Häusern zu wohnen. Es muss viele Adlige in Toraja geben, weil es unglaublich viele dieser Häuser gibt.

Das aus mehreren Schichten Bambus gefertigte, sattelförmige Dach ist riesig und ausladend. Das Innere hingegen ist klein, niedrig und besitzt oft nur ein kleines Fenster. Die Außenwände sind graviert und bunt mit Mustern bemalt. An der Vorderseite werden Büffelhörner befestigt. Je mehr Büffelhörner in langen Reihen befestigt sind, desto angesehener und reicher ist jemand. Wer sich diese Häuser ausgedacht hat, wollte nichts zweckmäßiges erschaffen, sondern etwas wundervolles.

Das Besondere ist, dass die Häuser weiterhin bewohnt werden und dass auch immer noch neue entstehen. Sie sind überall zu finden, sei es in Rantepao zwischen modernen, mehrstöckigen Häusern, aber auch überall im Hochland verteilt.

Die Häuser sind stets in zwei Reihen angeordnet. Auf der eine Seite befinden sich die Reisspeicher, auf der anderen Seite wird geschlafen. Dazwischen spielen Kinder, laufen Hühner, Hunde und Katzen herum, und die Wäscheleinen spannen sich im Wind.

Sulawesi Tana Toraja Tongkonan Häuser Sulawesi Tana Toraja Tongkonan Häuser

Sulawesi Tana Toraja Tongkonan Häuser

Typische Bemalung eines Tongkonan Hauses

Sulawesi Tana Toraja Tongkonan Häuser

Felsengräber – Knochen – Mumien – Beerdigungsrituale

Das zweite besondere an Tana Toraja, neben der traditionellen Architektur, bildet der Totenkult. Die Wurzeln der Rituale reichen weit zu zurück, in die Zeit vor der Christianisierung und stammen aus einem polytheistischen, animistischen Glaubenssystem. Als die Toraja durch niederländische Missionare zum Christentum bekehrt wurden, verboten diese die Rituale des Lebens. Die Rituale des Todes blieben übrig und werden bis heute ausgeführt.

Das ganz Leben in Tana Toraja dreht sich um den Tod, das irdische Dasein wird nur als Zwischenstation gesehen. Und so sparen viele ihr Leben lang für ihre Beerdigung, die sehr teuer werden kann, denn je nach Stand müssen Büffel und andere Tiere geopfert werden. Die Beerdigungen dauern mehrere Tage und sind wichtige gesellschaftliche Ereignisse. Da die Beerdigungen so teuer sind, werden die Leichen mit Formalin behandelt. So haltbar gemacht werden diese oft Jahre lang im Haus aufbewahrt. Bis genug Geld für die Beerdigung gespart ist, werden die Mumien auch nicht als tot betrachtet, sondern lediglich als krank. Sie werden gefüttert, gewaschen, eingekleidet und spazieren getragen.

Die meisten Touristen in Tana Toraja schauen sich diese Beerdigungsrituale an, inklusive Schlachtungen und allem drum und dran. Wir haben uns das gespart und uns dafür einige Grabstätten, viele Dörfer und die wunderbare Landschaft angeschaut.

Sulawesi Tana Toraja Tongkonan Häuser

Der Glaube an Geister ist tief verwurzelt

Unternehmungen in Tana Toraja

Der Viehmarkt

Büffel werden für Beerdigungen gebraucht, sie sollen dem Verstorbenen helfen hinüber ins Jenseits zu kommen. Je höher das Ansehen einer Person, desto mehr Büffel werden mit Hilfe einer Machete getötet, daneben auch noch jede Menge Schweine. Um dem Verstorbenen möglichst schnell hinüber ins jenseits zu helfen, bringen die Gäste Schweine und Büffel als Beerdigungsgeschenk zur Zeremonie mit. Kaufen und Verkaufen kann man Büffel und Schweine auf dem Bolu Bazar, der jede Woche Dienstag und Samstag von sieben Uhr bis Mittags stattfindet.

Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar

Hier werden wahre Massen an Büffeln zum Verkauf angeboten. Wir sahen dort riesige Exemplare mit gigantischen Hörnern. Normalerweise erzielt ein ausgewachsenes Tier umgerechnet rund 2000 Euro. Besonders beliebt sind die weißen Büffel oder solche mit besonders viel Weißanteil, auch an den Hörnern. Diese können Spitzenpreise bis 40.000 Euro erlangen.

Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar

Wertvoller, weißer Wasserbüffel

Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar

Die Schweine liegen entweder in Bambusverschlägen herum oder werden fertig verschnürt angeboten. Ferkel werden einfach in Säcke gesteckt. Wenn der Verkauf abgeschlossen ist, werden die Tiere aufs Autodach oder hinten auf den Roller gepackt und abtransportiert. Der Geruch, aber auch das gequällte Schreien der Schweine, ist nicht ganz einfach zu ertragen..

Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar

In einem kleineren Bereich des Viehmarkts findet der Verkauf von Hähnen statt. Diese werden ebenfalls für die Beerdigungen gebraucht, da Hahnenkämpfe Bestandteil der Beerdigungszeremonien sind.

Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar Sulawesi Tana Toraja Bolu Bazar

Wem nach diesen Beschreibungen schon schlecht ist, sollte ab hier nicht mehr weiterlesen.

Die Betreiberin von unserem Homesstay, in dem wir in Rantepao gewohnt haben, hat uns noch eine Geschichte erzählt, die kaum zu glauben ist. Ursprünglich war bei höher gestellten Persönlichkeiten die Opferung von Sklaven ebenfalls Bestandteil der Zeremonie. 1909 wurde die Sklaverei durch die niederländische Kolonialregierung abgeschafft, seitdem wurden keine Sklaven mehr geopfert. Wer es sich aber leisten kann, lässt sich einen Orang Utan einfliegen, der auf der Zeremonie getötet wird. Die Erklärung von unserer Wirtin war: Orang Utans sind dem Menschen am ähnlichsten und es ist nunmal Tradition.

Ke’te Kesu‘

Ke’te Kesu‘ gehört zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten in Toraja, und es ist ein herrlich düsteres Spektakel. Der Eintritt kostet, wie im Übrigen fast alle Sehenswürdigkeiten, 30.000 IDR (1,75 EUR). Der Weg zum Dorf ist gesäumt von Touri-Ständen, trotzdem war angenehm wenig los, als wir dort waren. Das Dorf besteht aus sechs prunkvollen Tongkonan Häusern und 12 gegenüberliegenden Reisspeichern. Dazwischen befand sich ein großer Pavillion, der wohl für eine Zeremonie gedacht war. Überall wuselten Leute herum, die meisten damit beschäftigt ein Barbecue zuzubereiten und zu verspeisen. In länglichen Gruben im Boden wurden große Mengen Fleischspieße gebraten. Dabei entstand solch ein Rauch, dass wir mehrmals minutenlang warten mussten, um unsere Fotos zu schießen. Hier wird absolut unkompliziert mit dem historischen Erbe umgegangen.

Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu

Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu

Hinter dem Dorf befindet sich ein hoher Karstfeseln, der als Begräbnisstätte genutzt wird. Eine Treppe führt nach oben, hier sind Särge an der Wand befestigt, manche sind bootförmig. Menschliche Knochen und Schädel schauen aus den verwitterten und geborstenen Särgen heraus. Einige wurden auch auf den Särgen drapiert. Am Ende der Treppe befindet sich eine kleine Höhle in der ebenfalls Särge aufgestapelt sind. Alles herrlich gruselig.

Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu Sulawesi Tana Toraja Kete Kesu

Londa

Sulawesi Tana Toraja LondaLonda besteht auch wieder aus einer großen Felswand mit aufgehängten und in Nischen verteilten Särgen. Hier kann man außerdem eine Vielzahl der sogenannten Tau Taus anschauen. Das sind Holzpuppen, die nach dem Vorbild des Verstorbenen gefertigt werden. Sie sind schick angezogen und stehen oder sitzen auf einer Art erhöhten Gallery. Von hier aus sollen sie über die Toten und die Lebenden wachen. Viele sehen sehr lebensecht aus, da läuft es einem schon mal kalt den Rücken herunter,

Sulawesi Tana Toraja Londa Tautaus

Nein, das sind zum Glück keine echten Mumien

Sulawesi Tana Toraja Londa Tau Taus

Sulawesi Tana Toraja Londa Tau Taus

In Londa gibt es eine Höhle, die man besichtigen kann. Wir hatte unsere Taschenlampen im Hotel vergessen, also mieteten wir uns eine Petroleumlampe von einem Guide. In der Höhle angekommen mussten wir allerdings feststellen, dass der praktische Nutzen der Lampe zu wünschen übrig ließ. Sie konnte nicht oben am Henkel getragen werden, da dort die Hitze zu groß war und das Licht nur zur Seite strahlte , nicht auf den Boden. Außerdem war die Lampe schwer und unhandlich, mit dem Licht vom Handy kamen wir besser zurecht. Der Boden war teils extrem rutschig und die Höhle mitunter sehr niedrig. Nichts für Klaustrophobiker.

Sulawesi Tana Toraja Londa Sulawesi Tana Toraja Londa

Die Felsengräber von Rantepao und der Aussichtspunkt

Wenn man die ersten Felsengräber in Tana Toraja sieht, ist man ziemlich beeindruckt, man gewöhnt sich aber an den Anblick. Das Felsengrab in Rantepao ist zudem nicht spektakulär. Das eigentlich interessante an diesem Ort ist die Aussicht. Wer die Treppe nach oben geht, hat einen herrlichen 360° Blick auf das Tal.

Sulawesi Tana Toraja Rantepao

Schöne Aussicht, schlechtes Wetter

Wanderung in der atemberaubende Landschaft von Tana Toraja

Ein absolutes Highlight in Toraja war unsere Wanderung vom Batutumonga Richtung Rantepao.

Wenn man in Rantepao unterwegs ist, wird man dauernd von irgendwem angesprochen ob man nicht mitfahren will. Also ließen wir uns in einem SUV nach Batutumonga fahren, mit dem Ziel zu wandern, vielleicht zurück bis Rantepao.

Es gibt nur eine Straße die nach unten führt und wenn man dieser folgt, kommt man an allen möglichen Spannenden Sachen vorbei. Gleich am Anfang reihten sich spektakulär schöne Toraja Häuser an der Straße auf. Aber auch die Natur ist magisch. Das ganze Hochland ist dicht bewachsen, es gibt riesige Bambusstauden die im Wind leise klappern, dazwischen immer wieder saftig grüne Reisfelder mit Wasserbüffeln und darum verteilt die Toraja Häuser. Zwischendurch hatte man eine spektakuläre Sicht auf das Tal.

Sulawesi Tana Toraja

Sulawesi Tana Toraja Sulawesi Tana Toraja Sulawesi Tana Toraja

Sulawesi Tana Toraja

Nach einer Weile erreichten wir Lo’ko Mata. Einen riesigen, runden Felsen, der eine Vielzahl Gräber beherbergt. Davor waren Miniatur Ausfertigungen der Toraja Häuser abgestellt, mit denen die Särge zum Grab transportiert wurden. Außerdem die Spuren verschiedenster Zeremonien, inklusive herumliegender, offener und leerer Särge, Plastikblumen, Plakate mit Bildern der Verstorbenen usw.

Sulawesi Tana Toraja Lo’ko Mata Sulawesi Tana Toraja Lo’ko Mata

Etwas später fanden wir Menhire, das sind eine Art moosbewachsene Hinkelsteine, die im Kreis aufgestellt sind. Diese werden für besonders verdienstvolle Menschen aufgestellt. Die Atmosphäre an diesem Platz war total mystisch.

Sulawesi Tana Toraja Menhire

Immer wieder trafen wir auf größere Gruppen Kinder, die uns hinterher liefen und “hello, hello, hello” riefen. Schließlich kamen wir an einem Dorfplatz vorbei, auf dem gerade eine besondere Zeremonie stattfand. Wir schauten uns die schlichte Kirche an und wurden gebeten, für Fotos zu posieren. Viele Touristen scheinen hier nach wie vor nicht vorbei zu kommen. Die Leute sind sehr offen und freuten sich riesig über unseren Besuch.

Sulawesi Tana Toraja

Rollerfahren in Tana Toraja

So wie immer, haben wir uns für einige Tage einen Roller ausgeliehen, um die Umgebung zu erkunden. Das war auch ein absolutes Highlight. Natürlich sind die Straßen streckenweise in einem ziemlich schlechten Zustand, aber es lohnt sich, da es soviel zu sehen gibt. Es gibt überall verteilt Toraja Häuser und gefühlt an jedem zweiten Felsen Gräber. Nach dem Motto, hübscher Felsen, da könnten wir doch Oma begraben, die sitzt eh schon solang leblos auf dem Sofa 😉

Sulawesi Tana Toraja Sulawesi Tana Toraja Sulawesi Tana Toraja Sulawesi Tana Toraja

Rantepao und der Tourismus

Ganz allgemein waren wir positiv überrascht, wie wenig Touristen in Rantepao und Umgebung sind. Obwohl wir zufällig zur Beerdigungs-Hochsaison da waren, trafen wir bei unseren Unternehmungen immer höchstens eine handvoll anderer Touristen. Dementsprechend ist die Auswahl an Unterkünften und Restaurants nicht gerade riesig.

Sulawesi Tana Toraja

Insgesamt fanden wir Toraja sehr anders und sehr lohnenswert. Wie fast überall in Indonesien, waren die Menschen einfach bezaubernd und sehr offen.

3 Kommentare

Schreibe einen Kommentar zu globeadmin Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert