Von Shanghai nach Beijing mit dem Schnellzug
Vieles ist ja aufgrund der Sprache, der Schrift und der Internetzensur kompliziert in China, Zugfahren gehört definitiv nicht dazu.
Uns plagten immer noch die Erinnerungen, an die schlimmen Zugfahrten in Indien und den komplizierten Prozess an Tickets und Reservierungen zu kommen. China ist da anders. Das Bahnnetz ist extrem gut ausgebaut, die Züge sind sauber, nicht überfüllt und pünktlich. Und das Beste: Über den online Dienstleister trip.com konnten wir unsere Tickets kaufen und einfach am Bahnhof abholen.
Wir sind mit dem Schnellzug von Shanghai nach Beijing gefahren. Das Schnellzugnetz ist in China komplett vom übrigen Zugnetz getrennt. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Shanghai und Beijing ist eine Verbindung der Superlative. An dieser Strecke leben laut Wikipedia ein Viertel der chinesischen Bevölkerung. Man überquert hier die vier längsten Brücken der Welt. Genaueres hier
Die Züge fahren absolut pünktlich. Erst eine Viertelstunde vor Abfahrt darf man auf den Bahnsteig, das Boarding läuft ähnlich wie am Flughafen. Shanghai Hongqiao ist zugleich Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge und Flughafen. Der komplette Bahnhof ist sehr gut mit Schildern in englischer Sprache ausgestattet. Das gleiche gilt übrigens auch für das Metronetz in Shanghai und Peking. Die Mitarbeiter in den Bahnhöfen in diesen Städten sind sehr freundlich, es findet sich immer jemand der Englisch spricht.
Die Fahrt im komfortablen und sauberen Schnellzug war sehr angenehm. Mit bis zu 300 km/h brausten wir durch die Landschaft der stark entwickelten Ostküste Chinas. Vorbei an unzähligen grauen Wohntürmen, riesigen Industrieanlagen und Fabrikschloten. Der riesige Ballungsraum Shanghai geht langsam in eine Agrarlandschaft über. Geradlinig reihen sich hier die Felder auf, daneben bilden junge Bäume lange Reihen, hier wird im großen Stil aufgeforstet. Nichts ist ursprünglich, nichts ist natürlich, wir finden die Natur trist und wenig ansprechend. Landschaftlich keine lohnende Fahrt.
Unterkunft in Beijing
Okay, wir wollen hier nicht jammern, aber das Zimmer war ein Loch.
Vorsichtshalber hatten wir für Beijing eine Unterkunft gebucht. Das Hostel war gut gelegen in der Nähe der Hauptsehenswürdigkeiten. Das Zimmer war teurer als fast jedes andere Zimmer, das wir uns auf unserer siebenmonatigen Reise geleistet hatten, trotzdem war es winzig. Wir bekamen kaum unser Gepäck hinein. Das Bad war so schmal, dass wir seitlich auf der Kloschüssel sitzen mussten und es roch unangenehm nach Kohl. Das Bett war extrem hart, was in China meistens der Fall ist. Ein winziges verdrecktes Fenster führte auf eine kleine Gasse in der eine alte Kloschüssel herum lag.
Die Umgebung des Hostels machte auch nicht viel her, auf der einen Seite ein graues Hutong (traditioneller Wohnhof, bestehend aus einstöckigen Gebäuden um einen Innenhof herum), auf der anderen Seite ein nicht fertig gestellter, riesiger Gebäudeblock. Die Straßen waren staubig, der Himmel auch. Die Luft war schlecht und schlug auf die Lunge. Welcome to Beijing!
Beijing Sehenswürdigkeiten
Tian’anmen-Platz – Platz (am Tor) des Himmlischen Friedens
Zu dem grauen Eindruck den wir ohnehin schon von Beijing hatten, gesellte sich ein gehöriger Smog hinzu. Als wir an Tian’anmen-Platz ankamen, konnten wir geradeso die komplette Fläche überblicken, das Portrait von Mao, welches neben dem Tor des Himmlischen Friedens hängt, wirkte wie unter einem gelblichen Retrofilter.
Schon beim Ubahn Fahren fiel auf, dass es in den chinesischen Städten verstörend viel Sicherheitspersonal gibt. Jedesmal wenn wir zur Ubahn runter gingen, wurden wir mitsamt Gepäck durchleuchtet. In der Nähe des Tian’anmen-Platz steigert sich das nochmal gehörig. Durch eine Unterführung gelangten wir auf den Platz, natürlich nicht ohne vorher nochmal durchleuchtet zu werden. An sämtlichen Straßenlaternen befinden sich mehrere Kameras, Soldaten patrouillieren.
Auch der Tian’anmen-Platz an sich wird streng bewacht. In der Mitte befindet ist eine chinesische Flagge, die großzügig umzäunt ist. Auch hier patrouillieren Soldaten in unterschiedlichen Uniformen.
Die riesigen Gebäude die den Platz umringen, wirken beeindruckend und einschüchternd. Es handelt sich um ein Mausoleum, in dem die Leiche von Mao aufgebahrt ist, die Halle des Volkes, in der Staatsgäste empfangen werden und dem Nationalmuseum. Auf der anderen Straßenseite befindet sich das Tor des himmlischen Friedens, welches den Eingang zur Kaiserstadt bildet.
Himmelstempel und Tiantan Park
So planlos und spontan wir unsere letzten drei Reiseländer (Nepal, Indien, Sri Lanka) bereist hatten, klappte das in China leider nicht mehr. Beijing beispielsweise ist viel zu groß und weitläufig um spontan, oder zu Fuß, die einzelnen Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Selbst wenn man die Ubahn nimmt, läuft man beim Umsteigen von einer in die andere Ubahn (gefühlt) Kilometer.
Also recherchierten wir mit Tripadvisor, was übrigens auch ohne VPN funktioniert, ein paar Aktivitäten. Wir wählten den Tiantan Park, mit seinen verschiedenen Tempeln aus. Das war mit hinkommen, im Park herumlaufen und die verschiedenen Tempel besichtigen tagesfüllend.
Die kreisrunde Halle der Ernteopfer ist spektakulär und auch die Halle des Himmelsgewölbes ist schön anzusehen. Diese bilden zusammen mit einigen anderen unzugängliche Gebäuden den Himmelstempel.
Wie so oft wimmelte es von chinesischen Touristen, die auch immer etwas hektischer und lauter sind als andere Touristen. Der Park stellte sich als erfreulich natürlich heraus, mit blühenden Wiesen und jeder Menge Bäume. Abseits der Highlights war es herrlich ruhig, und wir waren fast allein.
Jingshan Park
Dieser Park hat uns gut gefallen, zumal er sehr nah an unserer Unterkunft lag. Es gibt einen Hügel, auf dem sich ein Tempel befindet. Die Aussicht auf die Stadt und den Palast kann, je nach Smog, sehr schön sein. Auch hier ist am Hauptaussichtspunkt sehr viel los. Ganze chinesische Kleinstädte scheinen sich hier zu touristischen Zwecken aufzuhalten.
Dieser Park ist, wie die anderen Parks die wir besichtigt haben, sehr gepflegt. Alle paar Meter ist ein Mülleimer aufgestellt, und es gibt zahlreiche blitzblanke öffentliche Toiletten.
Yiheyuan Park und See
Wer leicht Panik in Menschenmengen bekommt, sollte Chinas Sehenswürdigkeiten, besonders an den Wochenenden, komplett meiden. Eigentlich wollten wir die Verbotene Stadt besichtigen, es war aber Sonntag und wir hatten den Besucheransturm total unterschätzt. Nach einer kurzen klaustrophobischen Fast-Panikattacke meinerseits (Sarah), drehten wir schon vor der Schlange zur Personenkontrolle um.
Also was mit diesem Tag anfangen? Wir befragten mit Hilfe unserer VPN App Google Maps und fanden einen Park ganz in der Nähe.
Wir machten uns zu Fuß auf den Weg und fanden auch schnell den Eingang zu dem vermeintlichen Park. Etwas komisch fanden wir es zunächst schon, dass hier so viel Wachen aufgestellt waren, und es auf dem Weg Passkontrollen gab, ausschließlich für Chinesen, wir wurden nicht kontrolliert. Wir machten ein paar Fotos von dem beeindruckenden Eingangstor und Steffen lief schließlich darauf zu, um in den Park zu gelangen. Ein vorher regungsloser Wächter rannte aufgeschreckt auf ihn zu. “No, no, no entry here, it’s not public”.
Nach einem weiteren Blick ins Internet mussten wir feststellen, dass es sich hier nicht um einen öffentlichen Park, sondern um das Hauptquartier der kommunistischen Partei Chinas namens Zhongnanhai handelte.
Ein paar Häuserblocks weiter fanden wir dann tatsächlich den Jingshan Park, mit einem kleinen See und drehten dort eine Runde mit einem Ruderboot. Der Park war auch sehr gut besucht. Auf dem See im eigenen Boot konnten wir die Sonne, an diesem Tag unterdurchschnittlich vom Smog getrübt, in Ruhe genießen.
Verbotene Stadt
Nach unserem ersten gescheiterten Versuch die verbotene Stadt zu besuchen, beschlossen wir, es nach unserer kleinen Rundreise durch den Nordosten Chinas, noch einmal zu probieren. Von unserer spektakulären Wanderung über einen Teil der großen chinesischen Mauer, werden wir noch in einem anderen Artikel ausführlich schreiben.
Diesmal suchten wir uns, klüger geworden, einen Wochentag aus. Zunächst sah es auch wirklich danach aus, dass es ein angenehmer Besuch werden könnte, aber unser schlechtes Reise-Mojo hielt an.
Vor dem Tor des himmlischen Friedens, sprach uns ein Mann in gutem englisch an und fragte, wo wir herkommen. Wir antworteten aus Deutschland – ach meinte er, die Deutsche Kanzlerin Merkel wäre auch gerade in diesem Moment hier am Tian’anmen Platz.
Wie wir feststellten, waren auf dem gesamten Platz chinesische und deutsche Flaggen gehisst. Kurze Zeit später ertönten vom komplett touristenfreien Platz Kanonenschläge – Merkel wurde mit militärischen Ehren empfangen.
Wir dachten uns nichts weiter und betraten durch das große Eingangstor die verbotene Stadt. Hierzu mussten wir unsere Pässe vorzeigen, welche uns nur als Fotos auf dem Smartphone zur Verfügung standen, was aber ausreichte. Drinnen angelangt, fielen uns die Absperrbänder auf, die ungefähr die Hälfte aller Gebäude und Plätze abtrennten. Das hatte den Vorteil, dass wir manche Gebäude von außen fast menschenleer fotografieren konnten. Der Nachteil war allerdings, der Platz für die Besuchermassen war begrenzt. Außerdem verkleinerte das Sicherheitspersonal den zugänglichen Raum immer weiter. Ziemlich rabiat wurden wir, wie eine Herde Kühe, immer weiter raus aus der Kaiser Stadt gescheucht. Der Besuch von Präsident Xi Jinping und Frau Merkel stand bevor und sollte nicht durch Besuchermassen gestört werden.
Auf Grund dessen konnten wir höchstens ein Drittel der verbotenen Stadt sehen.
Bloß weg aus Beijing
Wie ihr vielleicht rausgelesen habt, hat uns Peking nicht gerade gefallen. Viele Sachen sind dennoch sehr gut, sei es die Sauberkeit in den Straßen, jede Menge blitzsaubere öffentliche Toiletten und ein großartiges, super übersichtliches Ubahn-Netz. Wer etwas mehr Glück hat als wir, für den ist Peking bestimmt sehr spannend.
Wir waren wegen unseres Weiterflugs zweimal in Peking, dazwischen machten wir uns auf den Weg, einige andere spektakuläre Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Ob unser China-Reise-Glück außerhalb von Peking besser wurde, lest ihr sehr bald in unserem nächsten Artikel.