Auf der Suche nach dem Hippie-Spirit begeben wir uns nach Nordgoa. Ist davon noch etwas übrig geblieben oder sind selbst Arambol und Anjuna nur noch Strände für Pauschaltouristen?
Arambol und die letzten Hippies in Goa
Ein paar Althippies trifft man hier noch, der größte Teil der “Hippies” kommt aber schon seit vielen Jahren aus Russland. Die Shop-Betreiber, Restaurantbesitzer und Guesthouse-Betreiber sind darauf bestens eingestellt und schreiben Schilder und Speisekarten auf russisch. Einige Einheimische sprechen besser Russisch als ihre Kundschaft englisch.
Besonders an den Wochenenden werden die Strände von indischen Wochenendausflüglern aus den umliegenden Städten geflutet. Diese genießen, häufig in großen Gruppen, die Vorzüge von Arambol. Trinken das Bier, welches nirgendwo sonst in Indien so günstig zu bekommen ist und genießen den Ausblick auf russische Touristinnen, in knappen Bikinis.
Die Mainstreet, die von der Busstation bis vor zum Strand verläuft, ist auf beiden Seiten dicht gesäumt von Shops. Hier kann der “Hippie” sich mit einem Goa-Hippie-Psytrance komplett Outfit ausstatten. Von Batikhose und Elfen-Kleidchen, über Trommeln für den abendlichen Trommelkreis, bis hin zum passenden Piercing und Tattoo. Wer hier mit Socken in den Sandalen und Polohemd ankommt, ist am Ende seines Urlaubs in Arambol, wenn er denn möchte, (zumindest äußerlich) nicht mehr von einem Hippie zu unterscheiden 😉
Aber was ist jetzt eigentlich mit dem Spirit der Hippies passiert?
Dieser ist nach wie vor spürbar. Er zeigt sich beispielsweise in dem riesigen Angebot an Yoga und Meditation sowie verschiedensten spirituellen und esoterische Healing-Methoden, vom Rebirthing bis Aura-Fotografie. Natürlich aber auch an dem bunten Treiben gegen Sonnenuntergang am Strand. Hier wird jongliert, auf Stelzen gelaufen und gemeinsam Musik gemacht.
Warum lohnt es sich nach Arambol zu kommen?
1. Essen:
Es gibt eine schlichtweg riesige Auswahl an Restaurants. Wer schon länger in Indien unterwegs ist, wird sich insbesondere über die Auswahl an westlichem Essen freuen. Empfehlenswert ist das “Cheeky Monkey” am Strand, das unfassbar leckere, frische, hausgemachte Pasta anbietet. Sehr gerne haben wir auch im “This is it” gegessen, welches leckere Talis anbietet, aber auch eine italienische Espressomaschine und eine sehr angenehme Atmosphäre hat. Nach einem Abend in einem der vielen Läden, mit Live-Musik und reichlich Bier, lädt ein Fastfood-Stand, schräg Gegenüber von der German Bakery, zum Mitternachtssnack. Die Schawarmas und Egg-Sandwichs, beide kommen mit reichlich Remoulade, sind (angetrunken) absolut empfehlenswert. Worüber wir uns auch gefreut haben, war die kleine Auswahl an Käse, die man in den Supermärkten findet. Wie gut ein Käsebrot schmecken kann, wenn man seit Monaten keines mehr hatte.
2. Live-Musik:
Viele Restaurants, Bars und Cafes bieten am Abend Live-Musik. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei, von Rock über Elektro bis zu spiritueller Musik jeglicher Art. Musiker aus Russland, der Türkei, Israel und vielen anderen Länder treten jeden Abend auf und sorgen für Stimmung. Vereinzelt gibt es auch Psytrance-Partys, die eigentlich schon seit Jahren nach 22:00 Uhr illegal sind. Die Vermutung liegt nahe, dass hier nicht wenig Bakschisch an die Polizei bezahlt wird.
3. Wohnen:
Arambol bietet eine riesige Auswahl an Unterkünften, die teilweise schon für sehr wenig Geld zu bekommen sind. Hier ist man besonders auf Longtimer ausgerichtet, deshalb bekommt man leicht ein Studio mit Küche, so dass man sich Kleinigkeiten selbst zubereiten kann.
4. Menschen:
Arambol ist ein Meltingpot, du kannst hier Menschen von überall her treffen. Verrückte, normale, inspirierende, lustige Menschen aus vielen Ländern dieser Erde. Die meisten haben sehr viel Lust sich auszutauschen und erzählen dir gerne ihre Geschichte.
Die Umgebung von Arambol – Sweet Lake Beach und Dschungel
Am nördlichen Strandende von Arambol Beach beginnt ein Weg rund um die Klippen, gesäumt von Shops, Restaurants und Guesthouses. Wenn man hier bis zum Ende geht, gelangt man an den sogenannten Sweet Lake Beach. Dieser ist nur über diesen Weg zu erreichen, es gibt keine Straße dorthin. Früher war dieser Strand, mit seinem kleinen, von einem aus dem Dschungel kommenden Fluss gespeisten Süßwassersee, ein Geheimtipp. Das ist aber längst nicht mehr der Fall, diese Zeiten sind vorbei. Zur Hauptsaison kommen täglich Scharen von Touristen an diesen, trotz der Menschenmengen, immer noch wunderschönen Strand.
Als ich (Steffen) vor acht Jahren das erste Mal in Arambol abstieg, wohnte ich genau an diesem Strand. Damals gab es noch keine Sonnenliegen, und nur wenn am Wochenende die indischen Tagesausflügler an diesen Strand kamen, wurde es etwas voller. Die Zahl der Unterkünfte am Sweet Lake Beach hat sich seitdem nicht verändert. Nach Sonnenuntergang verlassen die meisten Gäste den Strand wieder, und es wird fast romantisch ruhig, ganz anders als am Hauptstrand von Arambol.
Ich habe einen Bekannten wiedergetroffen, den ich vor acht Jahren genau dort kennenlernte. Erik kommt immer noch gerne nach Arambol und wohnt am Sweetlake, stets im gleichen Guesthouse. Die Freude war groß und wir verbrachten ein paar lustige Abende zusammen. Die Aussicht auf den Sonnenuntergang, von den Hütten am Sweet Lake, ist wirklich malerisch. Je nachdem wie die Hütte liegt kann man sogar einen absolut uneinsichtigen Balkon haben, das vermittelt durchaus das Gefühl von Exklusivität.
Der Sweetlake Beach ist zu beiden Enden von Klippen umgeben. Hinter dem See liegt naturbelassener Dschungel. Nicht groß, aber wunderschön. Geradezu berühmt ist der Bondhi Tree in diesem Waldstück. Früher lebten hier ein paar wenige Hippies relativ autark im Wald, da es hier eine Wasserquelle gibt. Heute finden sich immer noch ein paar Aussteiger, welche ihr Lager im Dschungel aufschlagen, plus täglich Unmengen von Touris, die sich auch den Hippiebaum anschauen wollen. Eric erzählte mir, in einem russischen Reiseführer wird behauptet, dass die Beatles schon unter diesem Baum saßen und kifften. Bei den Russen heisst dieser Baum auch Beatle Tree. Die Geschichte ist nicht belegbar, vermutlich auch nicht wahr. Sie war aber der Auslöser, dass heute wirklich viele Menschen die kleine Wanderung von Arambol an diesen Baum auf sich nehmen. Ich glaube, dass Arambol und der Sweetlake Beach ausserhalb der Saison wirklich noch eine Perle darstellen. Zur Highseason jedoch bucht man die Menschenmassen mit, kein Vergleich zur ruhigen Beschaulichkeit am Galgibag in Südgoa.
Redi Fort
Ein lohnenswerter Ausflug ist es, mit dem Roller zum 15 Kilometer entfernten Yashwantgad Fort, auch Redi Fort genannt, in Maharashtra zu fahren. Das Fort wurde im sechzehnten Jahrhundert von den Marathen errichtet und 1746 von den Portugiesen erobert, näheres hier.
Heute sind die Mauern und die Ruinen im Inneren des Forts mehr und mehr von der Natur zurückerobert. Banyanbäume haben fast überall auf den Mauern Wurzeln geschlagen. Diese schlängeln sich mitunter in furiosen geometrischen Mustern die Mauern entlang gen Boden, das schaut abgefahren beeindruckend aus. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Sehr angenehm war es auch, dass wir das Fort alles Andere als überlaufen vorfanden. Nur wenig Ausflügler verschlägt es hierher. Es hat den Anschein, dass Redi Fort noch nicht so bekannt ist. Zum Vergleich: Vagator Fort wird täglich von zig Reisebussen angefahren, dabei stehen hier nur noch die Grundmauern.
Direkt unterhalb vom Fort hat es einen wunderschönen Beach mit weissem Sand, mal wieder Paradise Beach genannt. Den ins Meer mündenden Fluss kann man, je nach Tide, durchwaten oder durchschwimmen und so an den gegenüberliegenden Shiroda Beach gelangen. Beide Strände sind wenig besucht und wirklich reizvoll.
Anjuna Hippie Flea Market
Der berühmte Anjuna Hippie Flohmarkt hatte seinen Anfänge in den 70er Jahren, als die Hippies über den Landweg nach Indien kamen. Sie verbrannten ihre Pässe um nie wieder zurück zu kehren. Irgendwann ging ihnen dann natürlich das Geld aus, also begannen sie ihre Sachen zu verkaufen.
Der Markt findet jeden Mittwoch statt und ist schlichtweg riesig. Mit einem Flohmarkt in diesem Sinne hat es aber nicht mehr soviel zutun, niemand verkauft hier noch seine alten Sachen um weiterreisen zu können.
Lohnt es sich nach Anjuna auf dem Market zu fahren?
Diese Frage lässt sich nicht eindeutig mit Ja beantworten. Es kommt drauf an was du suchst. Wenn du vorher schon in Arambol warst, wirst du nur sehr wenige Stände finden, die andere Waren anbieten. Die Auswahl ist aber wirklich groß, man findet also auch stinknormale Sachen die gar nicht Hippie sind. Aber eben auch aus leuchtend bunten Stoffen gefertigte Strandkleider und Hosen, massenhaft Schmuck und Ohrringe aus indischer Herstellung, Taschen, Schuhe, Instrumente usw. usw.. Das Meiste ist Massenware, die man so oder so ähnlich, an jedem anderen Strandort Goas finden kann.
Ein abwechslungsreicheres Angebot bieten die Expats, die hier ihre Shops haben. Diese verkaufen Psy-Trance-Partyklamotten in unterschiedlicher Ausführung, Yoga-Kleidung und Zubehör, Schmuck, Taschen und jede Menge bedruckte Shirts. Unter Anderem findet man hier auch in der Psy-Trance-Szene bekannte Marken wie Symbolika, die aber auch entsprechend teuer sind, ein Tshirt kann hier umgerechnet 40 Euro kosten.
Das waren unsere Erlebnisse und Gedanken zu den Hippies in Arambol und Umgebung.
Es hat sich hier eindeutig eine Menge verändert in den letzten Jahren. Besonders in der Hauptsaison würden wir nicht nochmal hinfahren. Was denkt ihr, würdet ihr euch auf die Spuren der Letzten Hippies begeben?
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