Es ist der 25. Februar, früh morgens in Delhi. Nach drei gemeinsamen, wunderschönen und bewegten Wochen durch Rajasthan und zwei Tagen Abschluss in Delhi, heißt es erst einmal Abschied nehmen. Cora und Matze fliegen zurück nach Deutschland. Wir machen uns am gleichen Tag auf gen Norden, Richtung Berge, nach Rishikesh. Unser Zug geht Nachmittags von Delhi nach Haridwar, wir freuen uns auf ein neues Kapitel unserer Reise, und noch mehr wollen wir raus aus Delhi.
Haridwar – das Tor zum Ganges
Wir kamen abends in Haridwar an. Taxi- und Rikschafahrer umschwärmten uns und wollten uns nach Rishikesh fahren. Das ist die Route, die die meisten einschlagen. Wir aber wollten eine Nacht in Haridwar bleiben, um uns am nächsten Tag die Stadt anzuschauen.
Haridwar ist für Hindus einer der ältesten und heiligsten Pilgerorte in Indien. Die meisten kommen hierher, um in der heiligen Mutter Ganga ein Bad zu nehmen, oder um von hier aus zu den Quellen des Ganges zu Pilgern. Das Bad im Ganges soll von Sünden reinwaschen und unsterblich machen.
Die unzähligen Hotels und Unterkünfte sind auf Inder ausgelegt, das merken wir schnell. Tatsächlich begegneten wir in Haridwar keinem anderen nicht indischen Touristen.
Am nächsten Morgen begaben wir uns früh auf Erkundungstour. Die Stadt erwachte gerade, es war eiskalt, auf den Straßen noch wenig los. Vereinzelte Gruppen Pilger wärmten sich an den kleinen Ständen, die die Straßen säumten, ihre Hände an der ersten Tasse Chai. Noch war es ruhig, an den kleineren Ghats (Badestellen mit Treppen die in den Fluß führen) war nicht viel los. Aber wir waren noch nicht im Epizentrum angekommen. Ein paar Straßen weiter begannen sich immer größere Gruppen durch die Straßen zu schieben. Von einer Brücke aus hatten wir einen guten Überblick über den Har Ki Pauri Ghat, der den Mittelpunkt des Geschehens bildet. Auf beiden Seiten des Ganges Arms der hier vorbei führt, befinden sich gefließte Treppenstufen, es hat ein wenig Freibad Charakter. Die Stimmung hat einerseits etwas mystisches, aber andererseits auch etwas unbeschwertes und lockeres. Das Bad im Ganges ist keine todernste Sache – es wird viel gelacht, man spritzt sich gegenseitig nass und wirft sich ins Wasser. Eine Gruppe Jungs springt von der Brücke in den Ganges, überall werden Selfies gemacht und posiert. Der Platz füllte sich immer mehr mit Menschen, und wir flohen aus den Massen weiter flussaufwärts. Hier befindet sich eine riesige Shiva Statue die alles überblickt.
Unzählige – vor Allem farbenfrohe – Eindrücke prasselten auf uns herein, die heilige Stadt mit ihrem bunten Treiben hat wirklich etwas Magisches. Am besten lassen wir die Bilder für sich sprechen.
Rishikesh
Eigentlich wollten wir Nachmittags mit dem Zug weiter nach Rishikesh. Am Bahnhof angekommen erfuhren wir, dass dieser ausfällt. Kein Problem, Busse fahren regelmäßig vom Busbahnhof schräg gegenüber nach Rishikesh, die Fahrt dauerte nur eine Stunde, also kürzer als die Zugfahrt.
In Rishikesh angekommen fuhren wir mit einer Rikscha ans Nordende der Stadt, hier liegen die Viertel Tapovan, Lakshman Jhula und Ram Jhula, mit den meisten Touristen Unterkünften. Hier befindet sich auch die Lakshman Jhula Brücke über den Ganges, die die Viertel miteinander verbindet.
Rishikesh ist sowohl eine wichtige Pilgerstadt für Hindus, als auch globale Yoga Hauptstadt und zieht Menschen aus aller Welt an. Es gibt hier unzählige Ashrams und Yogaschulen der unterschiedlichsten Ausrichtungen und Traditionen. Ein riesiges Angebot an spirituellen Techniken ist vorhanden. Jeden Abend werden Satsangs mit unterschiedlichen Gurus angeboten.
Du wolltest schon immer mal deine Chakren aktivieren, deine Aura lesen lassen und zu Trommelklängen extatisch tanzen? Dann bist du in Rishikesh genau richtig. Dementsprechend setzt sich das Publikum zusammen. Durchtrainierte abgemagerte Yogis und Yoginis sitzen bei grünen Smoothies und rohveganem Essen zusammen, Scharen älterer, weiß gekleideter Damen gönnen sich eine Unterbrechung ihrer yogischen Diät und essen ein Schokocroissant in der German Bakery. Sadhus mit langen Rastas und orangenem Turban sitzen Haschisch rauchend auf der Treppe, die zur Brücke führt. Dazwischen, vor allem an den Wochenenden, große Gruppen indischer Pilger, aber auch indische Familien auf Wochenendausflug.
Die vermeintliche Spiritualität wird hier – vor allem – von manch westlichem Touristen sehr nach außen getragen und zelebriert. Das komplett durchgestylte Outfit, samt Gebetsketten, wallender Kleidung und passendem Yoga-Tatoo scheint wichtiger, als die inneren Vorgänge. So richtig warm geworden sind wir damit nicht.
Rishikesh ist genau wie Haridwar ein „Holy Place“ was bedeutet, es sind beides dry cities. Ein kühles Blondes nach der kräftezehrenden Yogastunde? Könnte schwierig werden. Regulär haben wir kein Restaurant gefunden, in dem Bier oder andere Alkoholika angeboten wurden. Wir haben nicht wirklich danach gesucht, haben aber gehört, dass wohl trotzdem an der einen oder anderen Ecke Alkohol unter der Hand verkauft wird.
Wer jetzt glaubt, Rishikesh ist bestimmt eine sehr entspannte ruhige Stadt, den müssen wir leider enttäuschen. Auf den schmalen Straßen der drei Viertel fahren sehr viele Fahrzeuge, nicht selten riesige SUV und die Jeeps der Raftingunternehmer, die Boote transportieren. Es wird, typisch indisch, sehr viel gehupt und dazwischen Kühe, Hunde und Bettler. Auf der Lakshman Jhula Brücke, die man überqueren muss, um von einem ins andere Viertel zu kommen, ist extrem viel los, und man kommt oft nur entsprechend langsam vorwärts. Auf dieser vermeintlichen Fußgänger Brücke schieben sich nicht wenig dauerhupende Motorräder und Roller durch, Kühe liegen auf der Brücke und indische Touristen bleiben stehen um Selfies zu machen. Auf dem Brückengelände lauern freche Makaken auf essbare Beute, die sie unvorsichtigen Menschen entreißen.
Wirklich ruhig, und wenn man so will spirituell, wird es erst gegen Abend, wenn die Sonne untergeht und an den Tempeln rechts und links vom Ganges Mantren gesungen werden. Ein guter Platz um diese Stimmung zu genießen, ist der Turm des Tera Manzil Tempels in Lakshman Jhula.
Wir haben während unseres zweiwöchigen Aufenthalts in Rishikesh, neben regelmäßigen Spaziergängen, gar nicht so viel unternommen. Erstens waren wir leider gesundheitlich angeschlagen und zweitens wollten wir uns vor allem erholen und entspannen, das hat recht gut geklappt. Sehr genossen haben wir unseren Ausflug zum Beatles Ashram, der ist wirklich sehr sehenswert.
Ansonsten war ich (Steffen) einmal raften. Einen Tag haben wir uns einen Roller geliehen und eine super schöne Rundfahrt durch die Berge unternommen. Wir haben den Neer Garh Wasserfall besucht, der sich auf verschiedenen Ebenen befindet. Ganz unten stehen Tische und Stühle im Wasser, und es werden Speisen und Getränke serviert. Weiter oben gibt es eine schöne Badestelle mit tiefem Wasser. Noch weiter oben wieder ein Restaurant im seichten Wasser.
Wirklich sehr empfehlenswert, besonders an heißen Tagen. Am letzten Tag, es war über 30 Grad warm, haben wir uns dann noch in den eiskalten Ganges getraut und ein Bad genommen.
Rishikesh war unsere letzte Destination in Indien. Danach fuhren wir in anstrengende 19 Stunden mit dem Zug nach Gorakhpur, von dort mit dem Bus nach Sonauli, um die Grenze nach Nepal zu Fuß zu überqueren.
3 Kommentare