Nach unserem unfreiwillig verlängerten Aufenthalt in Gokarna, sehnten wir uns nach Abwechslung, deshalb hieß unser erstes Ziel in Goa Palolem. Wir freuten uns auf kulinarische Vielfalt, legalen Alkoholkonsum und auf alles was Goa zu dem Ausnahme Bundesstaat Indiens macht.
Palolem und Patnem
Palolem, von dem wir zugegebenermaßen nur das wussten, was in unserem veralteten Reiseführer stand, brachte uns sofort dazu umzukehren. Okay, wir wollten die Touristen-Bubble und wir wollten mal wieder nen italienischen Kaffee trinken und richtigen Käse essen, aber das war zu viel. Also stiegen wir wieder in die Rikscha und fuhren weiter, in das etwas kleinere Patnem. Ähnlich touristisch, aber deutlich kleiner. Auch hier ist die Hauptstraße gesäumt von Shops, die alles – von Luftmatratzen über Yogamatten bis zum indischen Modeschmuck – verkaufen. Nicht wirklich schöner, aber überschaubarer als Palolem präsentiert sich der lange goldgelbe Sandstrand. Gesäumt von dichten Reihen Day-Beds sowie Tischen und Stühlen. Dahinter die dazugehörigen Restaurants, Strandhütten und Guesthouses. Das meiste sieht hier deutlich gepflegter aus als in Gokarna, der Service und der Anspruch sind hier spürbar höher. Das Publikum besteht hauptsächlich aus westeuropäischen und russischen Pauschaltouristen, wenig Backpacker, kaum Hippies.
Da ich (Sarah) ein paar Tage vorher noch mit Delhi – Belly unterm Moskitonetz lag und entsprechend wenig Energie hatte, organisierten wir uns hier erstmal ein Zimmer. Die Zimmersuche stellte sich als langwierig und teuer heraus. Erstaunlicherweise bekommt man für das gleiche Geld oft die unterschiedlichsten Standards angeboten. Wir genossen ein paar Tage was Patnem so zu bieten hat, German Bakery, italienischer Kaffee, Bier an die Strandliege serviert bekommen und die heiße Dusche in der überteuerten Unterkunft.
Aber wer uns kennt weiß, dass wir so ein Leben nur sehr kurz aushalten, weil Hummeln im Hintern.
Wenn man am Patnem Beach in nördlicher Richtung an sämtlichen Unterkünften und Restaurants vorbei geht, trifft man zuerst auf wirklich hübsche kleine Hütten und Häuschen und danach auf beeindruckende Felsformationen und Klippen. Entzückt kletterten wir zwischen den Felsen herum, welche die unterschiedlichsten Ausblicke auf die Umgebung boten. Hier befindet sich übrigens auch der beste Aussichtspunkt für den Sonnenuntergang.
Von einer netten Schweizerin erhielten wir dann den entscheidenden Tipp: „geht doch zu Fuß Richtung Süden am Strand entlang und lasst euch mit dem Boot über den Fluß bringen, danach kommen die richtig schönen einsamen Strände.“
Sich mit anderen Reisenden auszutauschen ist, wie wir finden, die beste Art um an Informationen über die Umgebung zu kommen. Da kann man jeden Reiseführer und jeden Reiseblog getrost beiseite lassen.
Rajbag Beach
Wenn man also vom Patnem Beach in südliche Richtung den Strand entlang läuft, trifft man auf eine Felsformation, die man durchs Wasser watend umrunden kann. Danach folgt ein fast ebenso langer Sandstrand, der, genau wie Patnem Beach, feinen Sand bietet und sehr lange seicht bleibt. Der deutlich ruhigere Rajbag Beach ist von einem großen Golf Resort geprägt. Am Strand befinden sich einige Beach Shaks und Sonnenliegen und die hauptsächlich russischen Gäste des Golf Resorts, die sich auf ihren Day Beds massieren lassen.
Talpona Beach
Weiter in südlicher Richtung wird die Strandserie durch einen Fluß unterbrochen. Für 50 Rupien pro Person wird man von einem der Fischer auf die andere Seite übergesetzt. An einigen Fischerbooten vorbei, gelangt man auf den Talpona Beach. Dieser Strand ist ruhig und bietet einige höherpreisige Unterkünfte und Restaurants.
Galgibag – Südgoas schönster Strand
Um zum Galgibag Strand zu gelangen, muss man wieder eine bewachsene Felsformation überwinden. Später erfuhren wir, dass es einen Fußweg über den Felsen gibt, zu diesem Zeitpunkt wussten wir das aber noch nicht. Wir entfernten uns also ein Stück von den Stränden und gelangten auf den neuen noch nicht befahrenen Highway. Dieser Highway, der von Mumbai bis nach Kerala führen wird, wirkte in seiner Breite und Sauberkeit irgendwie fehl am Platz. Außen rum ist es nämlich sehr ländlich und dicht bewachsen, so schön hatten wir das in Indien noch gar nicht erlebt. Kleine bunt bemalte Häuser in gutem Zustand, heilige Kühe, Hühner, Greifvögel am Himmel, wenig Müll. Ein kleines Paradies! Wir schlängelten uns durch dicht bewachsenes Gelände zurück Richtung Strand. Dieser war von einem aus Nadelbäumen bestehenden Wäldchen gesäumt, ein kilometerlanger einsamer weißer Sandstrand, wir verliebten uns sofort.
Es gibt hier ein paar wenige Unterkünfte, von einfachen Holzhütten bis eleganten Häuschen und eine Handvoll Restaurants, die hauptsächlich auf Seafood ausgerichtet sind.
Vor acht Jahren war ich (Steffen) schon einmal an diesem Strand. Im Lonely Planet fanden wir eine Empfehlung für das Surya Beach Café Restaurant, damals das Einzige an diesem Strand. Im Reiseführer hieß es, dass Gordon Ramsey hier einmal dinnierte und das Essen vorzüglich fand. Auch heute noch haben sie “recommended by Gordon Ramsey” groß auf ihren Tafeln stehen. Schon öfter haben wir in Indien beobachtet, dass Geschäftstreibende gerne ihre Mitbewerber nachahmen, oder frech eins zu eins kopieren. Am Galgibag Beach haben wir diesbezüglich das Ultimum gefunden. Mittlerweile gibt es mehrere Restaurants in unmittelbarer Nähe von Surya. Sein direkter Nachbar wirbt tatsächlich mit einer Empfehlung seines Restaurants durch Jamie Oliver, kein Witz. Inklusive retuschiert wirkendem Foto des Inhabers zusammen mit Jamie Oliver groß auf ein Banner gedruckt. Ein Schelm wer böses denkt.
Wir zogen von Patnem in eine kleine, gemütliche Holzhütte am Galgibag und verbrachten traumhafte ruhige Tage an diesem Strand.
Der Galgibag Strand wird auch Turtle Beach genannt, da hier Meeresschildkröten, genauer Oliv-Bastardschildkröten zur Eiablage herkommen. Es gibt eine Schildkrötenstation und Schilder, die zur Rücksichtnahme auffordern. Auf diesem Strand gibt es, untypisch für Indien aber wir sind ja schließlich in Goa, viele Mülltonnen. Einmal täglich läuft ein weiblicher Putztrupp in Saris und Schutzwesten über den Strand und sammelt Müll auf. Deshalb ist der Strand nahezu perfekt sauber. In der Umgebung sieht es freilich nicht immer so sauber aus, vor allem am Wochenende kommen häufig große Gruppen Inder, die gerne ihr gesamtes Picknickgeschirr am Wegrand liegen lassen. Diese Seite von Indien werden wir wohl nie verstehen.
Einige Gedanke kam uns immer wieder hoch, wenn wir an der gigantischen Highway-Baustelle vorbei gekommen sind: Was wird der Highway mit dieser verschlafenen Region machen? Ist es mit der Ruhe vorbei, da indische LKWs Tag und Nacht Waren transportieren werden? Außerdem war der Strand bis jetzt nur über kleine Straßen erreichbar, evtl. ist es mit der Einsamkeit am Strand vorbei, da die Anbindung sehr viel besser sein wird. Alles nur Spekulation natürlich…
Xandrem Beach aka Paradise Beach
Vom Galgibag Beach kann man sich mit einem Boot zum Xandrem Beach fahren lassen, der zweitsüdlichste Strand Goas. Auf dem Weg sahen wir einen Delphin in der Ferne im Morgenlicht Sprünge machen.
Dieser Strand, der auch Paradise Beach genannt wird, ist nur mit dem Boot zu erreichen, wir waren zusammen mit einem schwedischen Paar die Einzigen an diesem Vormittag. Und ja, auf den ersten Blick ist der Strand paradiesisch. Strand, Wellen, Palmen, rötlicher dicht bewachsener Fels, niemand außer uns.
Wenn man allerdings einen genaueren Blick in die Höhlen und die Felsspalten an den Rändern des Strands wirft, trägt auch dieser Strand die hässlichen Spuren der Zivilisation, genauer des Plastikzeitalters. Große Ansammlungen von Plastikmüll, bestehend aus Flaschen, Schuhen, Styroporteilen, Tetrapacks, Kinderspielzeug, Tellern, Essbesteck usw. die das Meer wieder ausgespuckt hat. Am Ende des Strandes finden wir schließlich eine riesige, verwesende, tote Oliv-Bastardschildkröte. Uns reicht es, wir sind froh den „Traumstrand“ wieder zu verlassen.
Cabo de Rama Fort
Ein absolut lohnenswerter Ausflug ist das Cabo de Rama Fort. Nach dem Sieg über den Raja of Soonda beanspruchten die Portugiesen das Fort. In der Vergangenheit wechselte es von Hindus über Moslems bis hin zu den Portugiesen und wurde Zeuge vieler Schlachten. (Quelle) Mittlerweile stehen hier noch etwas mehr als die Grundmauern, auf der direkt tief ins Meer abfallenden Klippe. Das eigentlich Spektakuläre ist aber die majestätische Sicht auf die umliegenden Buchten. Sehr schön ist der Rundgang entlang der Außenmauern um das Fort herum. Da das komplette Fort sehr weitläufig ist und es kaum Schatten gibt, empfiehlt es sich den Ausflug nicht in der Mittagshitze zu machen und in jedem Fall genügend Wasser mitzunehmen.
Cola Beach
Ein weiterer spektakulär schöner Strand im Süden Goas, ist der Cola Beach, der mindestens einen Tagesausflug wert ist. Die Hauptbucht wird von einem Fluss durchbrochen, der klares Wasser Richtung Meer transportiert. Sanft erheben sich palmbewachsene Hügel zu beiden Seiten, Hütten und Häuschen schmiegen sich wie natürlich gewachsen in die Landschaft.
Den Namen hat der Beach möglicherweise durch die Farbe des Wassers erhalten. Hier gibt es einen roten Stein der ausgewaschen wird und das Wasser rotbraun färbt. In der kleineren Bucht ist das Wasser aber grünblau und für die sandigen Strände Goas verhältnismäßig klar.
Der Strand bietet relativ wenig Strandliegen und Schatten, man setzt sich am besten in eines der Restaurants. Die Hütten und Bungalows sind teilweise luxuriös mit Glasfront ausgestattet. Zur Hauptsaison fanden wir die angefragten Preise auch für einfachere Hütten eher teuer.
Erwähnenswert ist vielleicht noch der Weg, der zum Strand führt, mit dem Roller nichts für schwache Nerven (oder kaputte Rücken). Wir waren zweimal an dem Strand und haben unterschiedliche Wege ausprobiert, alle ungeteert, ziemlich bucklig und natürlich staubig as hell. Wenn man dann den Roller abgestellt hat und die Stufen zum Strand runter geht, weiß man, warum man den Stress auf sich genommen hat.
Fazit: Der Süden Goas, insbesondere der Galgibag Beach, haben uns verzaubert. Hier kann man entschleunigen und vom restlichen, eher stressigen Indien entspannen.