Wenn Götter die Erde besuchen – atemberaubende Tempel in Tamil Nadu

Brihadishvara-Tempel in Thanjavur

Thanjavur

Von Mamallapuram ging es für uns weiter, auf einen kurzen Zwischenstopp, nach Thanjavur.
Thanjavur liegt nicht unbedingt auf der üblichen Südindien Route der meisten Touristen. Wir waren dort und möchten diese Erfahrung auf keinen Fall missen.

Brihadishvara-Tempel

Der Grund warum es doch ein paar westliche Touristen und uns hier her verschlägt, ist der monumentale Brihadishvara-Tempel. Er gilt als einer der bedeutendsten Tempel Südindiens und wurde 1010 fertiggestellt (Quelle). Das Heiligtum ist dem Gott Shiva geweiht und zählt zum UNESCO Weltkulturerbe. Natürlich werden, wie in den meisten Hindutempeln, auch in diesem Tempel verschiedene andere Götter bzw. andere Erscheinungsformen der Götter verehrt. Unter anderem Nandi, Parvati, Kartikeya, Ganesha, Sabhapati, Dakshinamurti, Chandeshvara, Varahi und viele andere.

Das große Eingangstor des Brihadishvara-Tempel

Von allen Tempeln die wir in Tamil Nadu besichtigen konnten, hat uns dieser am meisten gefallen.

Nicht nur das Bauwerk erscheint in seiner schieren Größe und Detailreichtum überirdisch, auch die Stimmung im Inneren des Tempelkomplexes kann nur als außergewöhnlich bezeichnet werden. Schon beim Betreten der Anlage durch die beiden gigantischen Tore, bleibt einem schier der Atem weg. Der Tempel und seine Außenmauern sind komplett aus unzementierten sandfarbenen Granitblöcken, welche die gesamte Anlage warm und einladend leuchten lassen. Man hat viel Platz um sich alles in Ruhe anzuschauen, am besten setzt man sich irgendwo in den Schatten und lässt die Stimmung in Ruhe auf sich wirken.

 

Auch in diesem Tempel geht es, typisch für Tamil Nadu, quirlig zu. Abgesehen vom Hauptheiligtum finden auch an vielen kleinen Nebenschreinen Rituale und Segnungen statt. Die Pradakshina – das Umkreisen der hohen pyramidenartig gestuften Vimana im Uhrzeigersinn – spielt auch hier eine wichtige Rolle.

Auch der soziale Aspekt kommt hier nicht zu kurz. Man sieht viele große Gruppen, die gemeinsam den Tempel besuchen, die Stimmung ist fröhlich und gelöst.

Brihadishvara-Tempel in Thanjavur

Häufig kleiden sich die Pilgergruppen in ähnliche Farben.

Brihadishvara-Tempel in Thanjavur

Anstellen um zum Heiligtum zu gelangen

Als großgewachsene Touristen fielen wir hier natürlich auf wie bunte Hunde. Ständig wurden wir von indischen Tempelbesuchern gefragt, ob sie ein Selfie mit uns machen dürfen. Mitunter hatten wir das Gefühl, für die Inder die größere Attraktion als der Tempel zu sein.

Gruppenfoto – einzeln wären wir nicht mehr fertig geworden…

Uns hat der Tempel so gut gefallen, dass wir ihn einmal Morgens und einmal Abends besuchten. Im Gegensatz zu den meisten Hindu Tempeln, die wir davor und danach angeschaut haben, durften wir als “Foreigner” fast alle Bereiche des Tempels besichtigen.

Brihadishvara-Tempel in Thanjavur

Detail des Eingangstors

Brihadishvara-Tempel in Thanjavur

Der Sonnenuntergang lässt den Tempel noch magischer erscheinen

Der Ort Thanjavur

Ansonsten hat Thanjavur nicht sehr viel zu bieten, der Rest des Städtchens ist typisch für Südindien laut und recht schmutzig. Einen umso größeren Kontrast bilden die Ruhe und Sauberkeit im Tempel, den die Einheimischen, vielleicht auch deshalb, als “God’s Gift” bezeichnen.

Das Essen in Thanjavur war bemerkenswert gut, wahrscheinlich weil weit ab der westlichen Touristenströme. Probieren sollte man hier unbedingt Masala Dosa, eine Art dünner knuspriger Pfannkuchen, der mit einer würzigen Kartoffelmasse gefüllt ist. Sehr empfehlenswert ist auch das vegetarische Thali, das mit einer Vielfalt unterschiedlicher Soßen, Gemüse und Dhal gereicht wird. Für Vegetarier ist Tamil Nadu ein Schlemmerparadies.

Das beste vegetarisches Thali gibt es in Thanjavur

In Thanjavur waren wir häufiger mit großen Verständnisproblemen konfrontiert. Das Bildungsniveau ist in Tamil Nadu im allgemeinen sehr niedrig. Entsprechend selten trifft man auf Menschen die Englisch sprechen oder verstehen. Nichtsdestotrotz hatten wir hier einige unserer schönsten und herzlichsten Begegnungen. Immer wenn wir uns ein bisschen verloren gefühlt haben wurde uns von irgendjemandem Hilfe angeboten.

Madurai

war unserer nächster Stop, und natürlich besuchten wir hier den berühmten Minakshi Tempel, der einer der wichtigsten Schreine Indiens darstellt. Dieser Tempel ist im direkten Vergleich nicht so weitläufig und einladend wie Thanjavur, sondern ganz klar auf Massen von Pilgern ausgerichtet.

Schon von weitem kann man die großen Einganstore zum Tempel sehen.

Kleiderordnung im Minakshi Tempel

Gleich vor dem Betreten des Westtores, beim Abgeben der Schuhe, wurden wir darauf Aufmerksam gemacht, dass unsere große Kamera nicht erlaubt ist. Lediglich Bilder mit dem Smartphone sind gestattet, nicht ganz logisch, wie wir finden. Außerdem wurde ich gebeten “to cover up”, ich hatte ein kurzärmeliges T-Shirt und eine wadenlange Hose an, was bisher in allen Tempeln okay war. Da man auch keine Wertsachen abgeben konnte, schnappten wir uns die nächste Rikscha und fuhren zurück ins Hotel. Zweiter Versuch, ich mit langem Schal für Schultern und Kopf bewaffnet, probierten wir erneut den Tempel zu betreten. Diesmal zeigt der Mann am Eingang auf Steffens Beine, die in über knielangen Hosen stecken: “not possible, you have to cover legs!”. Also wieder raus aus dem Gang der zum Eingangstor führt und hilfesuchend umschauen. Ein Händler auf der Souvenirshops gesäumten Straße ist auf diese Situation vorbereitet und bietet ein gratis Leihtuch an. Vermutlich nicht aus reiner Nächstenliebe, sondern auch in der Hoffnung, uns anschließend in besserer Kauflaune in seinem Laden zu empfangen.

Mit dem ersten Longyi seines Lebens ausgestattet, betritt Steffen mit mir zusammen den Tempel.

Das traurige Dasein der heiligen Tempel Kühe

Endlich im Tempel trafen wir sogleich auf einen Händler, der für ein paar Rupies Kuhfutter – in Form von großen Grünzeugbüscheln – verkaufte. Ein Angestellter des Tempels winkte uns zu und wir folgten ihn in einen separaten Bereich, in dem sich die Tempelkühe befinden. Das Bild, das sich uns hier zeigte, war ein trauriges. Die vermeintlich heiligen Tiere waren einzeln mit kurzen Stricken angebunden, Bewegungsfreiheit Fehlanzeige. Diese Kühe werden zwar regelmäßig gefüttert, aber selbst die Kälbchen dürfen sich nicht frei bewegen. Da auch dieser Teil des Tempels ein Schrein ist, konnten wir keine Bilder machen.

Götter & Dämonen

Die überbordende Ausschmückung des Tempels ist kaum in Worte zu fassen. In diesem Tempel kann man Stunden verbringen, ohne auch nur annähernd alles betrachtet und in sich aufgenommen zu haben. Die 12 Gopurams (Eingangstore) sind so hoch, dass sie die Skyline von Madurai beherrschen. Diese sind über und über mit bunt bemalten Stuckfiguren bedeckt, die Götter, Dämonen und mythologische Szenen darstellen.

Detail eines der Einganstore des Minakshi-Tempel

Der Tempel ist der Göttin Minashki geweiht, die eine lokale Erscheinungsform der Göttin Parvati ist. Die Göttin Minashki hat, laut Tempel Legende, in Madurai den Gott Sundareswar (Shiva) geheiratet. Ungewöhnlicherweise steht deshalb die Göttin und nicht Shiva im Mittelpunkt der Verehrung. Auf Grund dieser göttlichen Heirat gilt die ganze Stadt Madurai als heilig.

Minakshi Tempel

Säulengänge im Tempel

Im Inneren gibt es große Säulenhallen und Säulengänge, verschiedene Schreine und Statuen der unterschiedlichen Gottheiten. Insgesamt ist der Tempel sehr verwinkelt und unübersichtlich, man fühlt sich schnell ein bisschen erschlagen.

Zum tiefer gelegenen Tempelteich führen Treppen, auf die man sich setzen kann, um sich ein wenig auszuruhen und die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen.

Minakshi Tempel

Viele Bereiche im eigentlichen Tempel dürfen von “foreigners” nicht besichtigt werden. Hier muss man ein bisschen aufpassen, dass man die kennzeichnenden Schilder nicht übersieht. Ist uns tatsächlich passiert, woraufhin eine ältere Frau uns lautstark wieder hinaus gebeten hat.

Minakshi Tempel

Ein bisschen ausruhen und rumsitzen zwischen den einzelnen Ritualen

Minakshi Tempel

Das waren unsere Erlebnisse in Thanjavur und Madurai, ich hoffe du fandest den Artikel interessant. Schreib uns deine Meinung!

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