Es ist 11:00 Uhr Nachts, als wir in Sonauli zu Fuß die Grenze nach Nepal überqueren. Hinter uns liegen über 30 Stunden Bus- und Zugfahrt, einen großen Teil dieser Zeit stand der Zug mitten im Nirgendwo. An Schlaf war kaum zu denken. Wir sind erschöpft, aber voller Vorfreude auf das nächste Kapitel unserer Reise.
Das Gefühl, Nachts zu Fuß die Grenze zu passieren, ist surreal. Vielleicht wegen unserem Reisejetlag, vielleicht auch weil wir über drei Monate in Indien waren. Es sind nur wenig Leute auf der Strasse, die Grenzposten je nur mit zwei Wachmännern besetzt, die sich kein bisschen für uns interessieren. Sowohl die Aus- als auch die Einreise verlaufen unkompliziert.
Wir haben keine US Dollar für das nepalesische Visum und müssen in indischen Rupees mehr berappen – 3000 INR statt 40 USD für 30 Tage. Der Grenzbeamte macht uns deutlich, dass es für ihn mehr Aufwand bedeutet, weil wir keine US Dollar haben. Wir bezahlen den Schwarzmarktpreis und wahrscheinlich auch noch ein kleines Trinkgeld für den Beamten und bekommen unseren Einreisestempel.
Unser Vorhaben, noch am selben Tag nach Lumbini zu gelangen, haben wir irgendwann während der über 10 Stunden Warterei im Zug aufgegeben. Da waren wir zu optimistisch. Vor dem kleinen Immigration Office bietet uns ein Nepalese ein Zimmer in seinem Guesthouse an. Wir bekommen eine warme Mahlzeit und ein kaltes Bier, das erste nach zwei Wochen Rishikesh, einer Dry City. Danach fallen wir erschöpft ins Bett.
Am nächsten morgen mussten wir zuerst Bargeld besorgen. Sämtliche indischen Rupees hatten wir unerwarteterweise für unsere Visa ausgegeben. Beide Geldautomaten im Grenzort funktionierten nicht. Also fuhren wir vier Kilometer mit einem überfüllten Bus in die nächste Ortschaft, dort hatten wir bei dem dritten ATM Glück und bekamen Bargeld.
Wir packten unsere Rucksäcke, um mit dem Bus nach Lumbini zu fahren, dem Geburtsort Buddhas. Die 25 Kilometer lange Fahrt dauerte eine Stunde, die Straßen in Nepal sind deutlich schlechter als in Indien, das werden wir noch öfter feststellen.
Lumbini
Lumbini empfing uns augenblicklich nach Verlassen des Busses mit einer entspannten Gemütlichkeit, die wir in indischen Ortschaften selten bis gar nicht vorfanden. Die einzige Straße des kleinen Ortes ist gesäumt von Geschäften, Restaurants und Guesthouses. Großer Unterschied zu Indien, es gibt kaum Verkehr und wir können draussen sitzen, essen und trinken und das wenige Geschehen beobachten, großartig!
Der Geburtsort Buddhas ist für Buddhisten ein wichtiger Pilgerort, das Pilgerzentrum mit seinem Friedenspark gehört seit 1997 zum UNESCO Weltkulturerbe. Klassisches Programm ist es, mit einem Fahrrad das weitläufige Gelände mit seinen vielen buddhistischen Klöstern aus aller Welt, dem Tempel am überlieferten Geburtstort Buddhas im Süden, sowie der Friedenspagoda im Norden zu erkunden.
Maya Devi Tempel – Buddhas Geburtsort
Wir haben uns für den Park zwei Tage Zeit genommen. Am ersten Tag ließen wir uns mit einer elektrischen Rikscha in die Nähe des Maya Devi Tempel fahren, welcher die Hauptattraktion des Friedensparks bildet. Dieser Bereich ist der einzige im Park, der Eintritt kostet. Die Schuhe müssen vor betreten abgelegt werden.
Laut der Legende hat Maya Devi, die Mutter Buddhas, an dieser Stelle, während sie sich mit der Hand an einem Bodhi Baum festgehalten hat, Prinz Siddhartha Gautama geboren. Der Tempel ist das älteste existierende buddhistische Bauwerk. Der von aussen sehr schlichte Tempel, ist auch im Inneren, entgegen jeder Erwartung, unspektakulär gestaltet. 2013 fanden Ausgrabungen unter dem Tempel statt, dabei fanden die Archäologen die Strukturen eines Holzschreins. Dieser stammt ca. aus dem Jahre 550 BC. Über diese freigelegten archäologischen Funde führen hölzerne Brücken. Überall neben den Brücken haben Besucher Münzen und Scheine in den Tempel geworfen.
Hinter dem Tempel befindet sich ein Wasserbecken und dahinter ein großer Bodhi Baum. Der Stamm des Baumes ist über und über mit Gebetsfahnen umwickelt. Zwischen dem auf einem Plateau stehenden Bodhi Baum und anderen kleineren Bäumen in der Umgebungen, spannen sich weitere hunderte Gebetsfahnen.
Als wir dort waren, brannten Räucherstäbchen und zwei buddhistische Mönche lasen in einem Singsang von eng beschriebenen Blättern ab. Gläubige stehen auf einem Teppich unter dem Baum und folgen der Zeremonie, knien sich hin und verbeugen sich immer wieder. Ein Sadhu (heiliger Mann des Hinduismus) sitzt ebenfalls herum und präsentiert seine bodenlangen Dreadlocks den vorbeikommenden Besuchern. Als die Zeremonie beendet war, fand sich eine kleine Gruppe buddhistischer Mönche in orangenen Gewändern mit kahlrasiertem Schädel ein. Sie richteten sich mit Matten und Kissen im Halbkreis sitzend unter dem Bodhi Baum ein und begannen gemeinsam Mantras zu singen.
Die Atmosphäre an diesem Ort ist wunderbar friedvoll, was wir unter den Gebetsfahnen sitzend genossen haben. Trotz der großen Bedeutung für Buddhisten, vergleichbar mit Mekka für Muslime oder Bethlehem für Christen, finden sich hier noch keine Pilgermassen ein.
Der Friedenspark – Global Peace Park Lumbini
Der Friedenspark ist in eine westliche und eine östliche Klosterzone unterteilt, die durch einen Kanal voneinander getrennt sind. Hier finden sich Klöster, Pagoden, Stupas und Tempel, welche den verschiedenen Richtungen des Buddhismus angehören. Genaueres über den Friedenspark findet sich hier.
Die verschiedenen Klöster repräsentieren je ein Land, hauptsächlich verschiedene buddhistische Länder Asiens, es gibt aber auch beispielsweise einen deutschen Tempel. Viele der Klöster sind beeindruckend gestaltet und liegen in verzauberten Gärten mit Statuen, Teichen und Kanälen. Das Innere der Bauwerke ist aber oft schlicht und zweckmäßig gehalten. Wir schafften vielleicht ein Drittel der über 50 verschiedenen Bauten, danach hatten wir eine Art Kultur und Kitsch Overflow.
World Peace Pagoda Lumbini
Am Nordende des Parks befindet sich die Shanti Stupa. Die große weiß leuchtende World Peace Pagoda soll dazu beitragen, dass alle Menschen auf der Welt nach Frieden streben. Vor dem Betreten des Bereichs, muß man die Schuhe ausziehen. Über ein paar Stufen geht es hinauf zu verschiedenen goldenen Buddhastatuen. Wir umrundeten die Stockwerke der Stupa und genossen auch hier die Ruhe und die wenigen Besucher.
Da es in Lumbini sonst nichts weiter zutun gibt, buchten wir uns einen Bus und machten uns auf den Weg nach Pokhara.
Was wir sonst noch in Nepal erlebt haben?
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